.......der Osten des Riesengebirges - Unsere stille Bergheimat


So viel besucht unser Riesengebirge ist, so ist doch der Osten des Gebirges zum Teil wenig bekannt. Wer kennt die romantischen Aufstiege die es dort gibt. So über Blauen See und den Scharlach zum Ochsenkopf und den einsamen Bergdörfern, die sich an der Lehne des Landeshuter Kammes um das Städtchen Kupferberg scharen.

Es ist eine weltentrückte Gegend, so recht für Naturfreunde, die in Stille und Einsamkeit ihres Weges ziehen wollen. Alte schöne Fachwerkhäuser findet man hier, so in Rohnau, das gewissermaßen der Mittelpunkt dieses dem Landeshuter Kamm vorgelagerten Berglandes ist.

Der schlesische Teil des Riesengebirges, in alten Reiseprospekten auch als die "Stille Seite des Riesengebirges" bezeichnet, umfasste das ganze Gebiet des Bobers mit all seinen Zuläufen, von der Quelle bei dem auf sudetendeutscher Seite gelegenen Rehorndörfchen Bober, bis zu seinem Eintritt in das Hirschberger Tal. Es mag sein, daß der landschaftlich etwas unter dem Eindruck des unmittelbar sich anschließenden Riesengebirges stehende "Osten des Riesengebirges" als weniger reizvoll angesehen wurde als der Böhmische Teil.

Aber all die vielen Naturfreunde, welche unberührte Natur suchten und schätzten, wussten darum, daß der schlesische Teil an unzähligen Punkten "noch wirkliche Natur" bot. Hier konnte man noch stundenlang durch Bergwälder wandern, ohne von einer Vielzahl von Menschen, die doch so verschieden in ihrer Haltung, ihrem Tun und Lassen sind, umgeben zu sein. Ungestört konnte man sich hier an dem Rauschen der Tannen und Fichten im Bergwald erfreuen. Unverfälschte Natur und echte schlesische Fröhlichkeit in vielen Volksfesten mit jahrhundertealter Tradition boten angenehme Abwechslung und waren wirklich eine sympathische Ergänzung des an Heimatbrauchtum und Volkstum so reichen Riesengebirgsostens.

Verkehrsmäßig war dieses Gebiet genau so gut und bequem zu erreichen wie die Kernpunkte des eigentlichen Riesengebirges selbst. Vier Bahnlinien und Kraftverkehrsstrecken erschlossen den Schlesischen Teil des Riesengebirges.

Vom Westen her, ausgehend von Hirschberg im Riesengebirge, war es eine Riesengebirgsbahn die über Schmiedeberg hinaus "das stille Bergland" zwischen Schmiedeberg und Landeshut verband.

Die Bahnstrecke Hirschberg – Schmiedeberg – Landeshut durch die die nördliche Seite des Riesengebirgsosten erschlossen wurde konnte nach 5-jähriger Bauzeit am 5. Juni 1905 feierlich eröffnet. Große Schwierigkeiten bereitete der Bau des 1025 m langen Tunnels durch den Landeshuter Kamm. Dieser Tunnel, der zu den längsten der Riesengebirgsbahnen gehörte und dessen Durchfahrt über fünf Minuten dauerte, liegt zwischen den Stationen Dittersbach städt. und Oberschmiedeberg. Nachdem die Bahn in den ersten Jahrzehnten mit Dampflokomotiven betrieben wurde, erfolgte 1933 die Umstellung auf elektrischen Betrieb.

Schon nach dem Passieren des Tunnels - er war 1026 m lang - unter dem Paß bei Schmiedeberg, war das erste Bild, das sich hier dem Reisenden bot, einzigartig. Das langgestreckte Tal mit dem Dorf Dittersbach, die über 800 m hohen Berge des Landeshuter Kammes und des 852 m hohen Saalhügels, an dem sich die Kreisstraße von Landeshut aus nach dem Passe hinaufwand, war schönste Riesengebirgsheimat.

Der Landeshuter Kamm selbst, dieser Waldkamm, der in einer Höhe bis zu 940 Metern von dem Boberdurchbruch bei Jannowitz zum Hauptkamm des Riesengebirges führt wird beherrscht durch die gewaltigen Häupter der Schneekoppe und des Hohen Rades und bedeckt eine Fläche von etwa 90 km². Er schließt sich nordöstlich an das Riesengebirge an und geht südlich über die zum Riesengebirge gehörigen Bergrücken Schmiedeberger Kamm und Kolbenkamm in das kleine Rehorngebirge über. Nördlich liegt das Bober-Katzbach-Gebirge und östlich das Waldenburger Bergland.
Ja, es ist ein ein feines stilles romantisches Wandern auf diesem Bergkamm, auf dem man selbst sonntags kaum jemand antrifft.

Ein weiter Blick eröffnet sich von den Höhen, zu denen man von Jannowitz im Minzetale kommt. Immer noch gewaltig ragt die Ruine des Bolzenschlosses empor, das förmlich aus dem Granitfelsen herauswächst. Schon im 14. Jahrhundert erbaut und im 16. Jahrhundert erneuert, wurde die Burg im Jahre 1645 von den Schweden niedergebrannt.

Durch die Fenster der Ruine schaut man auf die schroffen Granitkegel der Falkenberge, von denen der Kreuzberg die 1475 zerstörte Burg Falkenstein trug. Unten im Hirschberger Tale blitzen Dörfer auf, deren parkumwobene Schlösser wohlbekannt sind, wie Fischbach und Ruhberg, wo Kaiser Wilhelm der I. in seinen Jugendjahren seinen Liebesfrühling mit der schönen Prinzessin Elisa von Radziwill träumte.

Jenseites der Boberschlucht erheben sich die Bleiberge mit dem von Wilhelm von Humboldt gerühmten Ausblicke vom Rosengarten und der Kolonnenstraße, die von Friedrich dem Großen zur Verteidigung Schlesiens angelegt worden ist. Nach Osten schaut man auf ein regelloses Durcheinander von Bergzügen. Da türmen sich die mächtigen Waldkuppen des Waldenburger Berglandes auf, vom Hochwald und Sattelwald bis zum Storchberge und Heidelberge und dahinter geistert in der Ferne in schwachen Umrissen der Zobten.

Und da steigen schon wieder schöne Zuwege zum Hochkamm herauf, der eine von Landeshut her, das viel zu wenig gewürdigt wird. Von Landeshut benutzt man zweckmäßig bis Städtisch Dittersbach, das 13 km südwestlich von Landeshut liegt, die Eisenbahn (Landeshut-Schmiedeberg). Der Ort liegt an beiden Seiten der Schwarzbach im anmutigen Liebauer Tal, nordwestlich vom Raben- und Überschargebirge. Erstmalig erwähnt wird der Ort 1292 unter dem Namen "Diterichisdorf". Bis 1810 war Dittersbach grüss. im Besitz des Klosters Grüssau. Die Kirchen beider Konfessionen und auch das Standesamt befanden sich in Liebau. Von hier gibt es einen ausnehmend schönen Aufstieg über den Schmiedeberger Pass zu den Grenzbauden und weiter zur Schneekoppe. Nur 400 Meter beträgt der Höhenunterschied zwischen Städtisch Dittersbach und den Grenzbauden, wo einst die böhmisch-schlesische Grenze verlief.

Nach dem Bau einer neuen Paßstraße über den Schmiedeberger Pass wurde hier am höchsten Punkt dieser Straße eine neue Baude errichtet, die Schillerbaude. Sie wurde Ende der 1950-er Jahre abgerissen. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Parkplatz. Besitzer des Gast- und Logierhauses war Richard Lata.

Der Paßkretscham lag auf der gegenüberliegenden Seite, etwas unterhalb der neuen Paßstraße wurde aber ebenso wie die Schillerbaude gern als Ausflugsort besonders gern von den Dittersbachern und Haselbachern, besucht. Auch er ist heute nicht mehr vorhanden. Ein Brand hat ihn vernichtet. Er ist ca. 1460 errichtet worden und lag an der alten Schmiedeberger Paßstraße. Als man noch mit Postkutschen reiste, wurde hier Station gemacht, um die Pferde zu wechseln.

Zum Wandern boten sich von hier aus einzigartige Möglichkeiten. Schon der "Rote Weg" über den Landeshuter Kamm entlang war ein Wanderweg der Stille der im Paß von Schmiedeberg in den Nordkamm des Riesengebirges übergeht. Hauptaussichtspunkte des Landeshuter Kammes sind der Mariannenfels, hier ein eiserner Löwe von Rauch und die Friesensteine 940 m.

Von diesem Weg gelangte man über die Kreuzschänke nach Kupferberg, einem alten Bergbaustädtchen, hoch über Jannowitz und dem Bobertal gelegen, oder aber durch das Schlackental hinunter nach Jannowitz, das sich nicht nur zum Industrieort - Papierfabriken - entwickelte, sondern auch einen ausgezeichneten Ruf als Sommerfrische und Ausflugsziel (Falkenberge) besaß.

Von dem ebenfalls am "Roten Wege" gelegenen alten Ausgespann hatte man nur eine kurze Zeit zu wandern, um zur bekannten "Buche" zu kommen. Von hier gingen ebenfalls eine Reihe schönster Wanderwege aus; so nach Hohenwiese, nach Mittel - Schmiedeberg oder zur 833 m hohen Freien Koppe, an welcher die bereits genannten Friesensteine lagen. In landschaftlicher Hinsicht ergänzten dieses Bild der Burgberg, Fürstenallee, Stadtwald, der Scharlach und der blaue See bei Rohnau.

Viele Wanderwege wären aus diesem Tal zwischen Schmiedeberg und Landeshut, im Gebiet von Hohenwalde, Rotenzechau, Haselbach, Pfaffendorf und Schreibendorf noch erwähnenswert, wie z. B. die alte Poststraße von Schreibendorf nach Landeshut. Auch Landeshut selbst, 442 m hoch gelegen, bot gar gute Gelegenheiten der Unterkunft zur Erwanderung des Riesengebirges.

Ortsgruppen des Riesengebirgs - Vereins in diesem Gebiet gaben sich sehr viel Mühe, um den Wert des Riesengebirgsostens eben "als stille Bergheimat" besonders zu unterstreichen.

Landeshut war zudem als Kreisstadt selbst ein lohnendes Ziel für eine abwechslungsreiche Erholungszeit. Wirtschaftlich war diese Stadt mit ihrer sehr bedeutenden Leinenindustrie sehr rege. Aber auch andere Punkte waren hier sehenswert: so die katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul, die Wallberg'sche Bibliothek daselbst, und die Schlachtfelder aus den Schlesischen Kriegen.

Landeshut besitzt eine Lage ähnlich wie Hirschberg zu Füßen des Gebirges und mit ihm durch eine Bahnlinie verbunden. Gleich Hirschberg birgt es eine der sechs Gnadenkirchen die das protestantische Schlesien dem Schwedenkönig Karl XII.verdankt.

Wie die Hirschberger Gnadenkirche ist auch die Landeshuter von ihren Erbauern mit reicher Kunst geschmückt worden und sie besitzt in der Wallenberg - Fenderlinschen Bibliothek einen wahrhaften Schatz seltener Bibelausgaben und Handschriften u. a. von Luther und Melanchthon. Auch der Markt mit seinen barocken Giebelhäusern und deren Laubengängen erinnert an den Markt in Hirschberg. Beide Städte haben eine gleiche Entwicklung durchgemacht. Ihr Wohlstand wuchs aus dem Leinenhandel, den Landeshut auch heute noch betreibt.

Mit der Ziederthal - Eisenbahn, einer Kleinbahn, gelangte man von Landeshut aus in die östliche Gegend der "stillen Bergheimat" in das Ziedertal.

Auch hier boten sich vielerlei Möglichkeiten der Erholung und aber auch der Erbauung. Führte doch diese Bahn hinein in das "alte Stftsland" Grüssau mit dem einzigartigen Kloster Grüssau und dem Handweberstädtchen Schömberg.

Grüssau liegt 6 km südöstlich von Landeshut. Nach dem Ersten Schlesischen Krieg 1742 fiel Grüssau wie fast ganz Schlesien, das bis dahin ein Nebenland der Krone Böhmens gewesen war, an Preußen.Den Namen Grüssau trugen bis 1925 nur das Kloster, die Oberförsterei, die Försterei Habichtgrund und die Bahnstation. Am 24.04.1925 wurde dann die Gemeinde Hermsdorf grüss. in Grüssau umbenannt.


Kloster Grüssau war durch den Prachtbauch eines Marienmünsters - das wohl der schönste Barockkirchenbau Ostdeutschlands war und auch die ostdeutsche "Wies - Kirche" genannt wurde, - zu einem Wallfahrtsort des gesamten katholischen Schlesiens geworden. Die Grüssauer St. Josephskirche, ein weiterer Kirchenbau daselbst, entzückte jeden Kunstfreund durch die herrlichen Freskengemälde des als "schlesischer Raphael" bekannten Kirchenmalers Michael Willmann.

Was Willmann in göttlicher Begnadung in der St. Josephskirche schuf, gestaltete Meister Dorastil im Marienmünster. Hinzu kam noch, dass Kloster Grüssau, nachdem es seit 1810, der Zeit der Säkularisierung, verwaist war, ab 1919, mit dem Zeitpunkt des Einzuges der Benediktiner-Patres, zu einem Mittelpunkt liturgischen Geschehens wurde.

Die Klosterkirche wurde bereits 1292 durch den Breslauer Bischof Johannes Romka eingeweiht. An ihrer Stelle wurde unter Abt Innozenz Fritsch in den Jahren 1728–1735 eine Barockkirche errichtet, an der im 17. und 18. Jahrhundert die bekanntesten Künstler Böhmens, Mährens, Österreichs und Bayerns wirkten.

Am 22. Oktober 1913 brannte die Kuppel des Nordturmes der Marienkirche nieder. Mit staatlicher Hilfe und dank vieler Spenden wurde der abgebrannte Nordturm des Grüssauer Münsters von 1930 bis 1931 erneuert. Am 11. und 12. Juli 1931 wurde das „Turmweihefest“ begangen, anschließend wurden bis 1933 die restlichen Baulichkeiten renoviert. 1934 errichtete der Konvent eine katholische Schule auf dem Weg vom Bahnhof zum Kloster. Doch der Feuerschaden von 1913 war erst ganz behoben, als am 6. Januar 1935 sieben neue Glocken mit einem neuen „Emanuel“ im Münster von Grüssau die Weihe erhielten.

Nach der Renovierung des Grüssauer Gnadenbildes 1937 wurde die Wallfahrt nach Grüssau neu belebt. Ab 1938 fanden umfangreiche Renovierungsmaßnahmen an der Münsterfassade und an der St.-Josephs-Kirche statt, wobei zahlreiche der stark verwitterten Kolossalfiguren des Fassadenschmucks erneuert und die fast 50 Fresken in der St.-Josephs-Kirche freigelegt wurden. Der Abschluss der Arbeiten wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verzögert. Erst 1944 konnten die letzten Baugerüste entfernt werden.

Grüssau war aber nicht nur als Gnadenort und Mittelpunkt kirchlich-kultureller Art das Ziel Abertausender alljährlich, sondern hinzu kam noch die reizvolle landschaftliche Umgebung mit den Ausflugszielen: Bethlehem, in herrlichem Tannenwald gelegen, Ullersdorf, der einstigen Sommer - Residenz der Äbte von Grüssau und die vielen herrlichen Wanderwege im nahe gelegenen Rabengebirge.

Zwischen Grüssau und Schömberg erreichte man, vielleicht ausgehend von Klein - Hennersdorf, dann die als "Klein - Adersbach" bekannten Zwergsteine und den Teufelsstein bei Görtelsdorf, sowie den wirklich stillen Bergwald im Gebiet des Kindelsdorfer Forstrevieres.

Bis zu 800 m hoch stiegen die Berge hier an. Neben der Rumpel-Koppe war es der Striet - Berg, an dessen Fuße das Schömberger St.Anna - Kirchlein lag, von denen man einzigartige Fern- und Rundblicke über die schlesische Bergheimat geniessen konnte.

Hier erblickte man das Waldenburger Bergland mit dem Hochwald und dem Sattelwalde, die sudetendeutsche Bergschönheit mit den Felsenstädten Adersbach und Wekelsdorf bis zum Riegel vor Trautenau.

Der Blick ging hinweg über das Rabengebirge mit dem Pfeifferberg, Haferplan und Königshainer Spitzberg; aber auch das Riesengebirge mit dem davor liegenden 1055 m hohen Kolbenkamm erschaute man.

Hinter dem Kolbenkamm aber erhob sich majestätisch die Schneekoppe sowie der Brunnberg.Tief inter uns aber lag das Bergstädtchen Schömberg, "die Perle schlesischen Barocks" auch "das Denkmal des schlesischen Handwebers" genannt.

Teppiche und Damaste, eben bestens schlesischen Leinen, entstand hier durch Handweber und in Webereien.

Schoemberg Bemerkenswert war auch die Pfarrkirche der in ihrer Gesamtheit unter Denkmals- und Naturschutz stehenden Bergstadt. Es war eine Frühbarock - Kirche, der erste Kirchenbau im deutschen Osten nach dem 30jährigen Kriege. Als erster ostdeutscher Barock - Kirchenbau klingt in diesem Bau trotzdem die damals vom Barock abgelöste Renaissance in harmonischer Verbindung nach. Der Grüssauer Abt Dominicus Geyer ließ im Jahre 1707 für böhmische Leinenweber 12 identische Holzhäuser errichten, die sogenannten „12 Apostel-Häuser“. Typisch für diese Häuser sind die Holzbauweise mit vorspringenden Giebeln, Lauben und Holzschindeldächern. Von diesen ursprünglich 12 Weberhäusern sind heute nur noch 11 erhalten.

Wie viele Wandermöglichkeiten aber boten sich in diesem Teile unserer "stillen Bergheimat" östlich des Riesengebirges: da waren die schon von Goethe und Alexander v. Humboldt aufgesuchten und vielgepriesenen Felsenstädte Adersbach und Wekelsdorf.

Schömberg bot sich ja geradezu als das westliche Zugangstor zu diesen natürlichen Sandsteinwundern an. Da boten die Grüne- und Tannenlehne mit den Melzersteinen und der Adersbacher Heide Gelegenheit zu herrlichen Waldwanderungen.

Noch schöner waren die Höhenwanderungen im Rabengebirge. Über die Tannengrundbaude gelangte man dorthin. Wie schön war es doch, wenn man von hier aus über den Genovevaplatz, Sedankurve und Burgunderhütte in den Glasergrund oder aber bis zur Buchenberg - Baude, zwischen den beiden deutschen Grenzdörfern Berthelsdorf und Albendorf gelegen, gewandert war. Länger als eine Woche konnte man im Rabengebirge wandern, ehe man alle schönen und schönsten Punkte hier aufgesucht hatte.

Überquerte man das Rabengebirge über den Pfeifferberg, die Rex - Buche zum Rabenstein hin, dann bot sich von der Felskuppe des Rabensteins wieder ein ganz anderes Bild.
Wie der Blick auf das Gemälde eines begnadeten Künstlers, so lag hier das Zentrum des "stillen Riesengebirgsostens" vor unseren Augen. Rechts von uns, in schmalem Waldtal, lag die Sommerfrische Ullersdorf mit der Wallfahrstkirche "Zu den 14 Nothelfern" und den Logier- und Rasthäusern "Grüner Wald" und "Schweizerei", sowie einer Reihe weiterer Fremdenheime.

Direkt zu unseren Füßen lag die Berg- und Grenzstadt Liebau,510m mit 5 Tsd Einwohner Südlich der Stadt befindet sich der 516 m hoch gelegene Gebirgspass „Liebauer Tor, der durch seine Verbindung von Schlesien nach Böhmen seit frühester Zeit von Bedeutung war, da über ihn ein Handelsweg von Nord- nach Südeuropa führte. Die Grenze zu Tschechien ist drei Kilometer südlich entfernt. Von Liebau aus konnte man über das "kleine Bergel", den Stiener oder Heiligen Berg, wie er im Volksmunde genannt wurde, erwandern Hier befinden sich Kreuzwegstationen und Kapellen aus dem Jahre 1822. Die Skulpturen schuf der Bildhauer Johann Sühardt.Wie viele wanderfrohe aber auch gottesfürchtige Menschen sah dieser Gipfel, von dessen Aussichttürme man wieder weit in die Runde schauen konnte.

Bleiben wir jedoch noch ein Weilchen bei der Rundschau vom "Rabenstein"! Links liegen im weiten Tal die sudetendeutschen Orte Königshan, Berndorf, Bergrraben, Teichwasser, Lampersdorf, Bober, Schatzlar und Trautenbach.
Bei unserem Blick vom Rabenstein aus wollen wir aber auch jener Dörfer in diesem Raume gedenken, die abseits von den üblichen Wanderwegen liegen und gerade darum sich die bekannte schlesische Eigenart erhielten: es sind Tschöpsdorf, Neu - Weißbach und Petzelsdorf. Nach diesem Rundblick verlassen wir nun den Rabenstein und begeben uns hinab in die Bergstadt Liebau um von hier verschiedene Orte am Kolbenkamm, in unmittelbarer Nähe des Riesengebirges gelegen, aufzusuchen.

Dicht dahinter steigt das Rehorngebirge mit der Maxhütte empor. In den nördlichen Tälern desselben liegen die schlesischen Bergdörfer Kunzendorf und Oppau, echteste schlesische Bergheimat.

Über Buchwald, Kreis Landeshut, an dem sich unmittelbar das Gelände der großen Bober - Talsperre an schließt erreichen wir das Kirchdorf Michelsdorf,das sich fast an Hermsdorf anschließt.

Als Kirchdorf mit Kirchen beider Konfessionen war Michelsdorf auch ein geschäftlich aufgeschlossener Ort. Eine Reihe von Gaststätten, - die bekanntesten waren der historische "Fürsten- Kretscham" ein ungemein malerischer Fachwerkbau aus dem 16. Jahrhundert, in dem der in Österreich in Verbannung lebende Freiherr vom Stein im Jahre 1810 eine heimliche Zusammenkunft mit dem preußischen Minister von Hardenberg zur Vorbereitung der Erhebung gegen Napoleon hatte und das Gasthaus "Unter den Grenzbauden" - wurden der Gastronomie in jeder Weise gerecht. Auch von hier aus erfolgten viele Wanderungen in die Bergwelt am Kolbenkamm. In der Mitte des Dorfes entschließen wir uns zunächst an Oppau vorbei dem Bergdorf Kunzendorf einen Besuch abzustatten.

Das Dorf Kunzendorf liegt dicht an den Kolbenkamm geschmiegt. Seine Häuser ziehen sich fast bis unter den Berggipfel hin. Ein Teil der Bewohner von Kunzendorf waren als Bergleute in den Steinkohlenzechen der sudetendeutschen Orte Lampersdorf und Schatzlar tätig, der andere Teil aber lebte von der örtlichen Landwirtschaft.

In einer ganzen Reihe von Häuschen aber standen schon Fremdenzimmer für Sommergäste bereit, welche recht gern dieses idyllische Bergdorf auf "der stillen Seite" des Riesengebirges aufsuchten, um die Schönheit der Bergwelt am Kolbenkamm zu erwandern. Ähnlich ist auch die Struktur des im Nachbartal gelegenen Kirchdorfes Oppau. Dieses erreichen wir, von Kunzendorf aus wandernd, über die Kalköfen.

Das ganze Dorf überragt die auch als Wallfahrtskirche bekannte katholische Pfarrkirche, Gerichtskretscham und Kirchschenke luden hier zur Rast ein. Am 7. Juni 1905 schlug der Blitz in die Kirche ein und sie brannte bis auf die massiven Mauern nieder. Mit dem Wiederaufbau wurde erst um 1908 begonnen. Für die geschmolzenen Glocken hatte eine Familie aus Kunzendorf eine neue Glocke gespendet.

Weihnachten 1910 war die Kirche soweit fertiggestellt, dass sie von Pfarrer Gröbner eingeweiht werden konnte. Die eigentliche Weihe vollzog Kardinal Bertram aus Breslau erst im Mai 1918. Von hier wanderte man gern durch den oberen Teil von Oppau, entlang am munteren Bergbach, bis zum Sägewerk, und bog dort, den 909 m hohen Kuppenberg links liegenlassend, rechts nach dem Freudental ab. Wieder umfängt uns hier die wohltuende Stille des Tannen- und Fichten - Hochwaldes in fast unberührter Schönheit.

Im Freudental erreichen wir bei dem vielbesuchten Ausflugsziel und Pensionshaus "Freudenthaler Mühle" den Ort Hermsdorf. Dieses Bergdorf ist wohl das idyllischst gelegene Dorf hier im Schatten des großen Riesengebirges. Die Ortsteile Pfauenzahl und Goldbach boten zahlreichen Sommerfrischlern, aber auch Wintersportlern, wirklich erholsame Unterkunft. Der Weist'sche Gerichtskretscham, die Schloßbrauerei und andere beliebte Gaststätten luden die Wanderer zu angenehmer Rast ein.

Hier befindet sich auch das ehemalige Schaffgottsch'sche Schloß. Aber was bietet sich hier erst jenen, welche die "stille Bergheimat" wirklich erwandern wollen. Von stillen Waldwegen an, entlang am rauschenden Goldbach oder Freudentaler Wasser, konnte man die über 1000 Meter hoch gelegenen Grenzbauden und darüber hinaus die Schneekoppe, die Königin des Riesengebirges, erwandern.



Wenn nun der schlesische Teil des Riesengebirges als die sogenannte "stille Bergheimat" im Hinblick auf Naturschönheiten, Merkmale kultureller, künstlerischer und historischer Art, aber auch wirtschaftlicher Struktur, so überaus vielgestaltig war, wurzelte in diesem Gebiet auch das echte schlesische Volkstum.

Echtes schlesisches Volkstum Es kam in den Schilderungen Ferdinand Neumanns aus Hermsdorf, in den Bildwerken der Maler Erich Fuchs und Friedrich Iwan genau so stark zum Ausdruck wie in den kunstgeschichtlichen Niederschriften des Grüssauer Kunsthistorikers P. Nikolaus von Lutterotti.

Aber auch die vielen heimatlichen, traditionsgebundenen Volksfeste im Osten des Riesengebirges unterstrichen gerade hier im besonderen die Wesensart der schlesischen Bergheimat. Die Kirchenfeste in Oppau, Haselbach, Michelsdorf, Schreibendorf, das St. Josefsfest in Grüssau und das St. Laurentiusfest in Neuen, die Anna - Feste in vielen Orten, insbesondere in Schömberg und Grüssau, die "Historischen Tage" von Schömberg, der Heiratsmarkt in Liebau, die Königs - Schießen der Schützengilden in Landeshut, Liebau und Schömberg, aber auch die traditionellen Kirmes - Feiern in fast allen Orten des Riesengebirgsostens gründeten sich eben auf dem schlesischen Volkstum und Heimatbrauchtum.

Auch die Arbeit des Riesengebirgsvereins mit seinen Ortsgruppen im Osten des Riesengebirges und der ihm angeschlossenen Trachtengruppen in Liebau und Schömberg trug ebenfalls dazu bei, dass die Treue der Menschen zu dieser "stillen Bergheimat" immer steter wurde, die Liebe zur Heimat immer inniger, diese Heimat aber immer schöner, immer aufgeschlossener wurde. Diese Heimat aber dürfen wir heute erst recht nicht vergessen.